Christoph Gerlach Blog Reisen

28.5.2010

Fünfter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:06

Das erste Spiel gegen Malaysia hätte fast so laufen können wie gestern gegen Schweden. Mein Gegner hat schon ziemlich komische Sachen gemacht und wollte mir nichts gönnen. Das war mir so grundsätzlich wieder sehr recht. Es kam aber wieder ein Punkt, an dem es nicht so ganz klar war, ob ich es nicht zu sehr auf die Spitze getrieben habe. Diesmal gab es aber die gerechte Strafe und Malaysia ist mit einer riesigen Gruppe von Steinen im Endspiel verstorben (die Partie war allerdings auch davor schon entschieden, aber es gab eine Stelle in der Partie, wo Malaysia vielleicht doch eine bessere Wahl gehabt hätte).

Korea (mein Erstrundengegner) schlägt sich gut und hat heute China besiegt. Die Zuschauer wussten auch gleich, woran es gelegen hat.

Korea gegen China (1)    Korea gegen China (2)

Und ich habe die Mittagspause genutzt, ein paar Fotos von meinem Hotelzimmer zu machen.

Hotelzimmer Hangzhou (1)    Hotelzimmer Hangzhou (2)    Hotelzimmer Hangzhou (3)

Das Wetter heute ist recht feucht. Dazu der passende Blick aus meinem Hotelzimmer.

Blick aus dem Hotelzimmer

Das Hotel befindet sich in einem großen Neubaubereich am Fluß, der gerade noch am Entstehen ist. Hier sind aktuell sicher noch so um die 40 Wolkenkratzer in Bau und die gleiche Anzahl ist schon fertig. Und das ist das was man direkt in der Nähe sieht. Den Fluß entlang scheint der Bereich noch weiter zu gehen. Von der Innenstadt ist man hier leider recht abgeschnitten und dieses neue Viertel ist noch nicht fertig genug als dass es hier was geben würde, wofür man gerne das Hotel verlässt.

Das zweite Spiel heute gegen Rumänien konnte ich nach spürbarer Gegenwehr meines Gegners auch gewinnen. Wir waren uns nach dem Spiel nicht so ganz einig was jetzt die relevanten Fehler waren aber kann mir ja egal sein – ich hatte ja gewonnen. Die Partie lieft bis auf den Anfang (der aber nicht schlecht für mich war, nur etwas anders als ich normal bevorzuge) sehr nach meinem Wunsch.

Nach dem Spiel bin ich mit dem Taxi zum Bahnhof gefahren, um mir Zugfahrkarten zu kaufen. So ein chinesischer Großstadtbahnhof ist der reinste Ameisenhaufen. Hannover ist ja auch schon ganz gut gefüllt aber gegen den Bahnhof in Hangzhou kann man es vergessen. Es gibt eine riesige Halle nur für den Ticketverkauf. An etwa 30 Schaltern stehen die Leute an, pro Schalter bestimmt 40 Leute. Die werden aber rasant abgearbeitet – nur ich habe natürlich den Verkehr etwas aufgehalten. Zum Glück konnte die Verkäuferin ein paar Worte Englisch, so dass ich guter Hoffnung bin, tatsächlich das richtige Ticket zu haben. Zeiten und Reiseorte stimmen jedenfalls schon mal. Und hoffentlich habe ich auch „hard sleeping“ und nicht etwa „hard sitting“ bekommen. Das Ticket war mit 127 Yuan (das sind etwa 18 Euro) doch schon ziemlich günstig für über 7 Stunden Bahnfahren im Schnellzug. Eine zweite Fahrt konnte ich noch nicht buchen, da die Fahrscheine für den Zug wohl noch nicht für den Verkauf freigegeben sind. Das probiere ich dann am Montag in Changcha nochmals.

Nach dem Schock der vielen Menschen am Bahnhof bin ich eine Ewigkeit zu Fuß durch die Stadt gelaufen und habe einiges von Hangzhou gesehen, vom Slum über eine Straße nur mit Juwelieren bis zu (mir aus Japan schon bekannten) Gruppen männlicher Angestellter, die am Freitag nach der Arbeit gemeinsam Saufen gehen. Ich habe Chinesen beim Meditationstanz im Park beobachtet, beim Angeln und einen kleinen Jungen (vielleicht 4 Jahre alt), der in einem bunt blinkenden Elektroauto den Bürgersteig unsicher machte.

Das erste Bild zeigt alte Häuser in der Nähe des Bahnhofs. Dieser kleine Stadtteil wirke etwas wie ein Slum. Im Hintergrund sieht man die Spitze des „Goethe Hauses“, offenbar ein großes Hotel dicht am Bahnhof.

Slum und Goethe Haus

Und die Straße mit bestimmt 40 Juweliergeschäften:

Juwelierstraße

Und ein Blick in noch eine nette Straße, die ich langgelaufen bin:

Straße bei Nacht

Das GPS funktoniert ohne Internet doch deutlich träger und vor allem auch viel ungenauer. Da kann man schon mal mehr als 100m daneben liegen. Aber als grobe Orientierung noch sehr hilfreich.

27.5.2010

Vierter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:00

Den Tag heute kann man beruhigt streichen und ich fasse mich entsprechend kurz. Meine erste Partie heute gegen Schweden habe ich verloren obwohl ich die ganze Partie dominiert habe. Die Niederlage war höchst überflüssig und darüber ärgere ich mich sehr. Im zweiten Spiel gegen Slowenien wurde ich nicht gefordert.

Spannend waren allerdings einige Spiele, die ich ein wenig beobachten konnte. Auf dem folgenden Bild kann man gut sehen wie es ausgeht. Die Spieler zählen gerade aus und der kleine Junge aus Taiwan gewinnt recht überzeugend gegen den Vertreter aus Nord Korea.

Taiwan gegen Nord Korea

Am Abend stand „Sight-Seeing“ auf dem Programm und wir wurden in zwei Bussen zuerst in ein Restaurant mitten in Hangzhou gebracht. Nachdem wir den Verkehrsstau hinter uns hatten wurden wir in einem (mindestens) 3stöckigen Restaurant in einem großen Saal „in rosa“ verköstigt. Das Essen war sehr lecker aber viel zu reichlich. Als wir reinkamen war im Erdgeschoss gerade großer Andrang und das Ganze hatte den Anschein einer großen Kantine.

Essen in rosa

Anschließend sind wir ewig sinnlos durch die Gegend gefahren. Geplant war ein Spaziergang am „West See“, der aber aufgrund sehr leichten Regens stark verkürzt wurde. Man hätte ihn ganz weglassen sollen. Es wurde nicht etwa die hell erläuchtete Promenade an der Stadtseite gewählt sonder die dunkle Pampa auf der gegenüberliegenden Seite. Etwas zu sehen gibt es dort definitiv nur tagsüber. Dann warteten wir ewig in den Bussen, da sich die Chinesen mit den Teilnehmern verzählt hatten und dachten, da fehle noch wer. Und selbst dann ging es nicht zurück zum Hotel sondern an eine weitere stockdustere Ecke – diesmal der Fluß. Okay, man konnte sehen, dass Ebbe war (Hangzhou ist ähnlich wie Hamburg nahe an der Mündung). Sonst gab es nichts zu sehen und die Teilnehmer waren schon alle reichlich angenervt und wollten nur noch ins Hotel zurück. Weil es nichts zu sehen gab, gibt’s auch keine Fotos. Das muss beim zweiten Sight-Seeing am Sonntag unbedingt besser werden.

Dann bekam ich heute von T-Mobile (yeah, I love it!) eine freundliche SMS, meine Internetnutzung im Ausland würde jetzt 20 Euro übersteigen. Internet? Benutze ich doch gar nicht *grübel*. Alle Versuche scheiterten zunächst, den Internetzugriff zu unterbinden. Das Löschen des Internetzugangs als Ganzes ging auch nicht. Das tolle Nokia 5230 hat die GPS-Funktion in den Werkseinstellungen so konfiguriert, dass die Standortbestimmung zusätzlich mit Testpaketen bestimmt werden („Unterstütztes GPS“ genannt), die ins Internet verschickt werden. Ich musste etwa eine halbe Stunde mit Google suchen bis ich dies deaktivieren konnte. Mein Vater Klaus hat das gleiche Handy und wunderte sich auch schon über seine Internet-Verbindungen. Folgendermaßen schaltet man die Internetverbindung für GPS aus: Hauptmenu –> Programme –> Standort –> Standortinfo –> Bestimmungsmethoden –> und dort alles deaktivieren bis auf das integrierte GPS. Noch radikaler ist die Methode, das Handy in den Offline-Modus zu versetzen. Dazu kurz den Ein/Ausschalter antippen und im dann erscheinenden Menu unten „offline“ auswählen. Anschließend kann GPS auch ohne SIM-Karte verwendet werden. Eine deutlich spürbare Verschlechterung der GPS-Ortung habe ich noch nicht festgestellt.

Der Reiseplan ist jetzt schon fast lückenlos und ich habe auch schon Hotels für die ersten weiteren Stationen gebucht. Die Züge kann man leider nur 5 Tage im voraus buchen und das werde ich wohl morgen nach den Partien am Bahnhof probieren. Von Guilin nach Kunming habe ich zudem noch einen Inlandsflug gebucht.

Morgen wird alles besser.

26.5.2010

Dritter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 21:10

Heute ging es jetzt wirklich mit der Weltmeisterschaft los. Das Teilnehmerfeld ist wie immer sehr heterogen. Leider haben sich die Chinesen entschieden, die jeweiligen Spielpartner ziemlich frei nach dem Zufallssystem gegeneinander zu paaren. Das ist bei der Heterogenität und der großen Zahl von Teilnehmern (etwa 60) keine gute Strategie. Auf den Plätzen 2 bis 5 könnte es dadurch einige Überraschungen geben.

Mein Erstrundenlos benachteiligt mich leicht, da ich mit Korea (auf dem Foto spielt er seine zweite Runde) einen der absoluten Top-Favoriten erhalten habe. Bei einem guten Paarungssystem wären in den ersten beiden Runden solche Paarungen vermieden worden. Ich habe eigentlich ganz gut mitgehalten bis ich ins Byoyomi (30 Sekunden Zusatzzeit pro Zug, nachdem die Hauptzeit verbraucht ist) kam. Dann war die Partie nach ein paar vermeidbaren Fehlern dann doch schnell entschieden. Das ist auch so ein Punkt, der mir hier in China nicht gefällt. Erstmals gibt es nur 60 Minuten Bedenkzeit pro Spieler – sonst waren es immer 90 Minuten. Nicht so schön sind auch die chinesischen Go-Steine, mit denen man hier spielt. Die sind im Gegensatz zu Japan/Korea auf einer Seite flach und wirken auch insgesamt eher billig.

Korea

Die zweite Runde war dann gegen Brasilien etwas langweilig. Mein Gegner spielte 1 Kyu und es war absehbar, wie die Partie verlaufen würde. Immerhin haben wir trotz schnellen Spiels bis zum Ende gespielt (und ich lag mit irgendwas über 50 Punkten vorne).

Leider haben die Leute hier keine Lust, in die Stadt zu gehen. Daher hängen heute wohl alle hier im Hotel rum. Da das Hotel in einer Neubaugegend (bisher) ohne gute Infrastruktur liegt, kann man leider nicht mal eben draußen rumlaufen und was unternehmen. Man müsste immer mit dem Taxi in die Stadt und von dort starten. Die Chinesen dagegen lassen sich nicht lumpen. Gerade konnte ich direkt vor meinem Hotelzimmer im 17. Stock ein kleines Mini-Feuerwerk betrachten – bei hellem Tag!

Oben auf dem Hotel sitzt eine Kuppel, in der sich ein Restaurant befindet, das sich in der Kuppel dreht, so dass man im Laufe eines Abends in jede Richtung hinausgucken kann. Das Buffet war überraschend gut und es gab sogar Sashimi und überhaupt war alles sehr frisch wie man es von so einem typischen China-Buffet in Deutschland eher nicht kennt.

Hotel-Restaurant

Die Paarung für die erste Runde morgen ist auch schon bekannt und angeblich spiele ich gegen Schweden und das verspricht eine interessante Partie zu werden.

25.5.2010

Zweiter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:47

Heute habe ich erst mal bis 12 Uhr ausgeschlafen. Das Mittagessen im Hotel erwies sich leider bis auf die spektakuläre Aussicht auf die rings um uns herum entstehenden Wolkenkratzer als langweilig.

Am frühen Nachmittag stand mit der „Orientation“ der erste offizielle Programmpunkt auf der Tagesordnung. Wir wurden über die Regeln des Turniers aufgeklärt und es wurde für jeden Spieler eine Nummer ausgelost, die u.a. die Paarung der ersten Runde morgen früh um 9 Uhr bestimmt. Ich zog die 2 und spiele damit gegen den an Nummer 1 fest gesetzten Spieler aus Südkorea. Ich mag das Los, wenn ich auch keine Siegchance haben werde. Im Anschluss wurde ich noch kurz von der „Go-Weekly“ (das ist die führende japanische Go-Zeitung) interviewt – allerdings mal wieder mit den wenig spektakulären Fragen was ich zu meiner Paarung gegen Korea sage, wie lange ich schon Go spiele und wie ich zu Go gekommen bin. Was Korea angeht, so gab ich natürlich zu, keine Siegchancen zu haben, aber ich sehe dieses Los doch als glücklich an, da ich ein interessantes Spiel haben werde und mich der starke Gegner vielleicht auch gut für anschließende Partien aufbaut.

Am Nachmittag fand dann noch die *gähn* interessante IGF-Sitzung statt. Als Spieler vertritt man auf dieser jährlichen Sitzung der International Go Federation (IGF) sein jeweiliges Herkunftsland. Allgemein spannende Themen gab es aber nicht.

Das offizielle Programm der Weltmeisterschaft habe ich der Einfachheit halber abfotografiert:

Schedule WAGC

Zwischendurch hatte ich Gelegenheit, die doch eher trostlose direkte Umgebung des Hotels zu erkunden. Dafür ist wenigstens ein Foto vom Hotel selber herausgesprungen.

Tian Yuan Tower Hotel

Die feierliche Eröffnung der Weltmeisterschaft am Abend verlagerte (verglichen mit den anderen Weltmeisteschaften, die ich so erlebt habe) den kulturellen Schwerpunkt für meinen Geschmack etwas zu sehr auf das Essen. Es gab ein paar Takte chinesischer Musik dargeboten aber das plätscherte so im Hintergrund, dass es auch von der CD hätte kommen können. Man saß auch sehr beengt, so dass man wenig mit anderen kommunizieren konnte außer den paar Leuten direkt neben einem. Dafür hielten sich die Reden in Grenzen und das Essen war vielfältig, reichlich und schmackhaft.

Eröffnung, Blick durch den Saal

Anschließend suchten viele der Teilnehmer den „Study Room“ auf. Wie auch im Turniersaal wird überall mit „chinesischen“ Go-Steinen gespielt, die auf einer Seite flach sind und verglichen mit den in Europa verbreiteten Go-Steinen etwas unangehm sind. Otake Hideo (sehr bekannter japanischer Profi-Go-Spieler und unvergessener Partylöwe auf allen Weltmeisterschaften, auf denen ich bisher war) forderte Bernhard Scheid (Österreich) und mich dann zu einer Rengo-Partie heraus, wobei sich Otake noch den Vertreter eines anderen Landes (hab’s schon wieder vergessen, wie peinlich) als Handicap dazu holte. Bernhard und ich waren und in der Eröffnung so uneins, dass es recht bald schon nicht mehr so gut aussah. Als dann im Verlauf des Spiels noch manche taktische Unsauberkeit unsere sonst noch guten Chancen verbaute mussten wir aufgeben.

Aus dem Hotel sind wir heute leider nicht heraus gekommen.

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