Christoph Gerlach Blog Reisen

27.5.2010

Vierter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:00

Den Tag heute kann man beruhigt streichen und ich fasse mich entsprechend kurz. Meine erste Partie heute gegen Schweden habe ich verloren obwohl ich die ganze Partie dominiert habe. Die Niederlage war höchst überflüssig und darüber ärgere ich mich sehr. Im zweiten Spiel gegen Slowenien wurde ich nicht gefordert.

Spannend waren allerdings einige Spiele, die ich ein wenig beobachten konnte. Auf dem folgenden Bild kann man gut sehen wie es ausgeht. Die Spieler zählen gerade aus und der kleine Junge aus Taiwan gewinnt recht überzeugend gegen den Vertreter aus Nord Korea.

Taiwan gegen Nord Korea

Am Abend stand „Sight-Seeing“ auf dem Programm und wir wurden in zwei Bussen zuerst in ein Restaurant mitten in Hangzhou gebracht. Nachdem wir den Verkehrsstau hinter uns hatten wurden wir in einem (mindestens) 3stöckigen Restaurant in einem großen Saal „in rosa“ verköstigt. Das Essen war sehr lecker aber viel zu reichlich. Als wir reinkamen war im Erdgeschoss gerade großer Andrang und das Ganze hatte den Anschein einer großen Kantine.

Essen in rosa

Anschließend sind wir ewig sinnlos durch die Gegend gefahren. Geplant war ein Spaziergang am „West See“, der aber aufgrund sehr leichten Regens stark verkürzt wurde. Man hätte ihn ganz weglassen sollen. Es wurde nicht etwa die hell erläuchtete Promenade an der Stadtseite gewählt sonder die dunkle Pampa auf der gegenüberliegenden Seite. Etwas zu sehen gibt es dort definitiv nur tagsüber. Dann warteten wir ewig in den Bussen, da sich die Chinesen mit den Teilnehmern verzählt hatten und dachten, da fehle noch wer. Und selbst dann ging es nicht zurück zum Hotel sondern an eine weitere stockdustere Ecke – diesmal der Fluß. Okay, man konnte sehen, dass Ebbe war (Hangzhou ist ähnlich wie Hamburg nahe an der Mündung). Sonst gab es nichts zu sehen und die Teilnehmer waren schon alle reichlich angenervt und wollten nur noch ins Hotel zurück. Weil es nichts zu sehen gab, gibt’s auch keine Fotos. Das muss beim zweiten Sight-Seeing am Sonntag unbedingt besser werden.

Dann bekam ich heute von T-Mobile (yeah, I love it!) eine freundliche SMS, meine Internetnutzung im Ausland würde jetzt 20 Euro übersteigen. Internet? Benutze ich doch gar nicht *grübel*. Alle Versuche scheiterten zunächst, den Internetzugriff zu unterbinden. Das Löschen des Internetzugangs als Ganzes ging auch nicht. Das tolle Nokia 5230 hat die GPS-Funktion in den Werkseinstellungen so konfiguriert, dass die Standortbestimmung zusätzlich mit Testpaketen bestimmt werden („Unterstütztes GPS“ genannt), die ins Internet verschickt werden. Ich musste etwa eine halbe Stunde mit Google suchen bis ich dies deaktivieren konnte. Mein Vater Klaus hat das gleiche Handy und wunderte sich auch schon über seine Internet-Verbindungen. Folgendermaßen schaltet man die Internetverbindung für GPS aus: Hauptmenu –> Programme –> Standort –> Standortinfo –> Bestimmungsmethoden –> und dort alles deaktivieren bis auf das integrierte GPS. Noch radikaler ist die Methode, das Handy in den Offline-Modus zu versetzen. Dazu kurz den Ein/Ausschalter antippen und im dann erscheinenden Menu unten „offline“ auswählen. Anschließend kann GPS auch ohne SIM-Karte verwendet werden. Eine deutlich spürbare Verschlechterung der GPS-Ortung habe ich noch nicht festgestellt.

Der Reiseplan ist jetzt schon fast lückenlos und ich habe auch schon Hotels für die ersten weiteren Stationen gebucht. Die Züge kann man leider nur 5 Tage im voraus buchen und das werde ich wohl morgen nach den Partien am Bahnhof probieren. Von Guilin nach Kunming habe ich zudem noch einen Inlandsflug gebucht.

Morgen wird alles besser.

26.5.2010

Dritter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 21:10

Heute ging es jetzt wirklich mit der Weltmeisterschaft los. Das Teilnehmerfeld ist wie immer sehr heterogen. Leider haben sich die Chinesen entschieden, die jeweiligen Spielpartner ziemlich frei nach dem Zufallssystem gegeneinander zu paaren. Das ist bei der Heterogenität und der großen Zahl von Teilnehmern (etwa 60) keine gute Strategie. Auf den Plätzen 2 bis 5 könnte es dadurch einige Überraschungen geben.

Mein Erstrundenlos benachteiligt mich leicht, da ich mit Korea (auf dem Foto spielt er seine zweite Runde) einen der absoluten Top-Favoriten erhalten habe. Bei einem guten Paarungssystem wären in den ersten beiden Runden solche Paarungen vermieden worden. Ich habe eigentlich ganz gut mitgehalten bis ich ins Byoyomi (30 Sekunden Zusatzzeit pro Zug, nachdem die Hauptzeit verbraucht ist) kam. Dann war die Partie nach ein paar vermeidbaren Fehlern dann doch schnell entschieden. Das ist auch so ein Punkt, der mir hier in China nicht gefällt. Erstmals gibt es nur 60 Minuten Bedenkzeit pro Spieler – sonst waren es immer 90 Minuten. Nicht so schön sind auch die chinesischen Go-Steine, mit denen man hier spielt. Die sind im Gegensatz zu Japan/Korea auf einer Seite flach und wirken auch insgesamt eher billig.

Korea

Die zweite Runde war dann gegen Brasilien etwas langweilig. Mein Gegner spielte 1 Kyu und es war absehbar, wie die Partie verlaufen würde. Immerhin haben wir trotz schnellen Spiels bis zum Ende gespielt (und ich lag mit irgendwas über 50 Punkten vorne).

Leider haben die Leute hier keine Lust, in die Stadt zu gehen. Daher hängen heute wohl alle hier im Hotel rum. Da das Hotel in einer Neubaugegend (bisher) ohne gute Infrastruktur liegt, kann man leider nicht mal eben draußen rumlaufen und was unternehmen. Man müsste immer mit dem Taxi in die Stadt und von dort starten. Die Chinesen dagegen lassen sich nicht lumpen. Gerade konnte ich direkt vor meinem Hotelzimmer im 17. Stock ein kleines Mini-Feuerwerk betrachten – bei hellem Tag!

Oben auf dem Hotel sitzt eine Kuppel, in der sich ein Restaurant befindet, das sich in der Kuppel dreht, so dass man im Laufe eines Abends in jede Richtung hinausgucken kann. Das Buffet war überraschend gut und es gab sogar Sashimi und überhaupt war alles sehr frisch wie man es von so einem typischen China-Buffet in Deutschland eher nicht kennt.

Hotel-Restaurant

Die Paarung für die erste Runde morgen ist auch schon bekannt und angeblich spiele ich gegen Schweden und das verspricht eine interessante Partie zu werden.

25.5.2010

Zweiter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:47

Heute habe ich erst mal bis 12 Uhr ausgeschlafen. Das Mittagessen im Hotel erwies sich leider bis auf die spektakuläre Aussicht auf die rings um uns herum entstehenden Wolkenkratzer als langweilig.

Am frühen Nachmittag stand mit der „Orientation“ der erste offizielle Programmpunkt auf der Tagesordnung. Wir wurden über die Regeln des Turniers aufgeklärt und es wurde für jeden Spieler eine Nummer ausgelost, die u.a. die Paarung der ersten Runde morgen früh um 9 Uhr bestimmt. Ich zog die 2 und spiele damit gegen den an Nummer 1 fest gesetzten Spieler aus Südkorea. Ich mag das Los, wenn ich auch keine Siegchance haben werde. Im Anschluss wurde ich noch kurz von der „Go-Weekly“ (das ist die führende japanische Go-Zeitung) interviewt – allerdings mal wieder mit den wenig spektakulären Fragen was ich zu meiner Paarung gegen Korea sage, wie lange ich schon Go spiele und wie ich zu Go gekommen bin. Was Korea angeht, so gab ich natürlich zu, keine Siegchancen zu haben, aber ich sehe dieses Los doch als glücklich an, da ich ein interessantes Spiel haben werde und mich der starke Gegner vielleicht auch gut für anschließende Partien aufbaut.

Am Nachmittag fand dann noch die *gähn* interessante IGF-Sitzung statt. Als Spieler vertritt man auf dieser jährlichen Sitzung der International Go Federation (IGF) sein jeweiliges Herkunftsland. Allgemein spannende Themen gab es aber nicht.

Das offizielle Programm der Weltmeisterschaft habe ich der Einfachheit halber abfotografiert:

Schedule WAGC

Zwischendurch hatte ich Gelegenheit, die doch eher trostlose direkte Umgebung des Hotels zu erkunden. Dafür ist wenigstens ein Foto vom Hotel selber herausgesprungen.

Tian Yuan Tower Hotel

Die feierliche Eröffnung der Weltmeisterschaft am Abend verlagerte (verglichen mit den anderen Weltmeisteschaften, die ich so erlebt habe) den kulturellen Schwerpunkt für meinen Geschmack etwas zu sehr auf das Essen. Es gab ein paar Takte chinesischer Musik dargeboten aber das plätscherte so im Hintergrund, dass es auch von der CD hätte kommen können. Man saß auch sehr beengt, so dass man wenig mit anderen kommunizieren konnte außer den paar Leuten direkt neben einem. Dafür hielten sich die Reden in Grenzen und das Essen war vielfältig, reichlich und schmackhaft.

Eröffnung, Blick durch den Saal

Anschließend suchten viele der Teilnehmer den „Study Room“ auf. Wie auch im Turniersaal wird überall mit „chinesischen“ Go-Steinen gespielt, die auf einer Seite flach sind und verglichen mit den in Europa verbreiteten Go-Steinen etwas unangehm sind. Otake Hideo (sehr bekannter japanischer Profi-Go-Spieler und unvergessener Partylöwe auf allen Weltmeisterschaften, auf denen ich bisher war) forderte Bernhard Scheid (Österreich) und mich dann zu einer Rengo-Partie heraus, wobei sich Otake noch den Vertreter eines anderen Landes (hab’s schon wieder vergessen, wie peinlich) als Handicap dazu holte. Bernhard und ich waren und in der Eröffnung so uneins, dass es recht bald schon nicht mehr so gut aussah. Als dann im Verlauf des Spiels noch manche taktische Unsauberkeit unsere sonst noch guten Chancen verbaute mussten wir aufgeben.

Aus dem Hotel sind wir heute leider nicht heraus gekommen.

24.5.2010

Erster Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:27

Flugzeug Frankfurt –> Peking

Nach einem ersten tollen Tag in China bei herrlichem Wetter und über 25 Grad in einer doch überraschend angenehmen Stadt denke ich kaum noch an die kleinen Nervereinen des Hinflugs wie etwa dass ich den zweiten Flug von Peking nach Hangzhou einen Gangplatz hatte oder dass wir vor dem Abflug nach Hangzhou 70 Minuten in der Warteschlange für den Abflug standen. Das Flugzeugessen habe ich gemäß meines Vorsatzes verschmäht. Wobei das Essen auch sein Gutes hatte. Ab Start nach Hangzhou röhrte eines der Triebwerke schon etwas Besorgnis erregend. Dazu machte sich wenig später ein leichter Brandgeruch breit, der sich aber doch als Geruch des undefinierbaren Essens herausstellte. Dabei gab es zumindest für mich vorab noch Verwirrung, da unser Flieger nach Peking doch nicht nach Hangzhou weiterflog sondern eine andere (kleinere) Maschine auf uns wartete und ich auf einen Platz am Gang umgesetzt wurde, statt dem reservierten Fensterplatz.

Dafür entschädigte die Ankunft in Hangzhou mit meiner mit Abstand schnellsten Abfertigung: 15 Minuten zwischen Aufsetzen auf der Landebahn und Abfahrt Richtung Hangzhou Hauptbahnhof mit dem Bus! Das hätte in Peking alleine schon wegen der „walk slowly“ Passage zur Messung der Körpertemeratur niemals geklappt – aber das nur am Rande. Am Hauptbahnhof schnappte ich mir ein Taxi, um zum Hotel zu gelangen. Bus plus Taxi kostete 39 Yuan – preiswert und schnell gegenüber dem Taxi für 130 Yuan, das mir die Touristeninformation am Flughafen aufschwatzen wollte (u.a. mit dem Argument, der Bus bräuchte 45min – tatsächlich brauchte er nur 30min). Meine ausgedruckte Karte von Google-Maps mit Kanjis erleichterte die Kommunikation mit dem Taxifahrer erheblich.

Im Hotel wartete schon die Organisation und überraschte mich u.a. mit 500 Yuan Taschengeld. Im Hotel noch schnell geduscht und im Blog die glückliche Ankunft in Hangzhou vermeldet, dann ging es schon mit Bernhard Scheid (Österreich) los in die Stadt. Bei vier Teilnahmen an der Weltmeisterschaft habe ich bisher noch keinen anderen Österreicher als Bernhard getroffen was eigentlich mehr als unwahrscheinlich ist, da in Deutschland und Österreich gleichermaßen verschiedene Spieler um die Teilnahme konkurrieren. Mir ist dieser Umstand aber sehr recht, denn mit Bernhard verstehe ich mich ausgezeichnet.

In die Stadt ging es wieder per Taxi (für etwa 2,50 Euro). Hier erwies sich erstmals das von meinem Vater geborgte Nokia-GPS-Handy als sehr nützlich. Es verfolgte zuverlässig unsere Fahrt und wir konnten problemlos den Ort erreichen wo wir hin wollten und dessen Kommunikation zuvor einige Mühen berreitete. Der Fahrer hatte so etwas wie „City Center“ offenbar noch nicht gehört.

West See

Wir stiegen direkt am „West See“ aus, der direkt an die belebte Innenstadt angrenzt. Die Promenade ist fein herausgeputzt und überall sieht man Grün.

Promenade

Der Hunger trieb uns irgendwann in die Innenstadt wo aber Geschäfte dominierten. Also beschlossen wir auf den Rat des Reiseführers zu hören und das „beste“ Haus am Platz aufzusuchen, das „Lou Wei Lou“ auf einer Insel im See. Nach ausgiebigem Studium der freundlicherweise auch englischen und teils bebilderten Karte bestellten wir einmal quer und überschritten das Budget von 140 Yuan pro Person (die gab es für Verpflegung am ersten Abend) nur minimal. Am besten gefiel uns der süß-sauer angemachte „Mandarin“ (siehe Foto). Daneben gab es Gemüse, Flußgarnelen und Qualle (die ich aber Bernhard alleine löffeln ließ – was aber wohl ganz seinem Plan entsprach).

Mandarin

Vom sonstigen Essen gibt es natürlich auch Fotos, aber ich möchte nicht, dass ihr jetzt gleich zum Kühlschrank laufen müsst. Aber für die nächsten Tage empfehle ich, da schon mal was Leckeres kalt zu stellen.

Bereits um 19 Uhr ist es stockduster draußen. Dafür geht der Tag im Osten Chinas früh los. Im Dunkeln schauten wir noch eine Weile dem Treiben der Chinesen auf der Uferpromenade zu. Hobby Nummer 1 ist eindeutig das gegenseitige Fotografieren und das nicht mal selten mit einer Spiegelreflexkamera. Dafür fehlten die von mir erwarteten Straßenkünstler oder Händler. Es gab auch keine Straßenbuden, die Essen verkauften. Vom See schlenderten wir noch mal durch Teile des Einkaufsviertels auf der Suche nach dem „Nachtmarkt“, den wir dann auch anhand seiner grell leuchtenden Energiesparlampen fanden. Der Nachtmarkt ist ein Ramschverkauf (hauptsächlich gefälschte Markenware und Nippes) von zig Händler, alles quasi im Flutlicht von Energiesparlampen und sonst eher spartanisch dekoriert. Wir drängelten einmal vor und einmal zurück über den ganzen Markt. Erstaunlicherweise wurden wir dabei kaum von Verkäufern angesprochen. Es war ein bißchen wie am ägyptischen Ende des Kairoer Basars.

Zurück im Hotel hat mich das von der Klimaanlage durchgefrostete Zimmer fast erschlagen. Auch ausgeschaltet ist die Klimaanlage leider nicht ganz geräuschfrei. Das wiederum wird meinen gleich beginnenden erholsamen Schlaf nach über 24 Stunden Reise und Erkundung von Hangzhou sicherlich nicht stören.

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