Christoph Gerlach Blog Reisen

31.5.2010

Achter Tag

Filed under: China-Reise 2010 — Christoph @ 23:00

Das Problem mit dem frühen Aufstehen habe ich damit umgangen, dass ich mich gar nicht erst schlafen gelegt habe. Hätte sich auch wirklich nicht gelohnt. Nachdem ich mit Blog Schreiben, Packen und allem fertig war, wäre eh nur noch etwa eine Stunde Schlaf drin gewesen, denn um 5:30 ging schon mein Shuttlebus zum Flughafen in Hangzhou. Die Fahrdienste und vieles weiteres in der Organisation der Weltmeisterschaft wurden übrigens ehrenamtlich von Hangzhou-Bürgern geleistet und das waren nicht mal alles Go-Spieler. Der Flug nach Changsha ist mir nicht großartig in Erinnerung, ich habe das meiste davon verschlafen. Wie gewohnt wollte einem in Changsha wieder jeder ein Taxi ins Zentrum aufschwatzen, wobei der wieder sehr schnelle Expressbus mit 15 Yuan nur etwa 1/10 eines Taxis gekostet haben dürfte. Vom Bus aus habe ich kurz vorm Eintreffen am Bahnhof von Changsha ein Stadtviertel gesehen, dass wohl ein einziger Großmarkt für alle möglichen Arten von Gütern war. Nachdem ich mein Gepäck in die Aufbewahrung gegeben hatte (war nicht leicht zu finden) und mir noch ein Ticket (leider gab es nur „Hard Seat“!) für die am 3.6. anstehende Zugfahrt von Huaihua nach Guilin gekauft habe, machte ich mich auf den Weg, mit den Stadtbussen einigermaßen an das Großmarkt-Viertel heranzufahren. Ging sogar recht gut. Erst beobachtete ich, welche Nummern in die richtige Richtung fuhren und wartete dann den nächten Bus mit dieser Nummer ab. So kam ich auf etwa 15 Minuten Fußweg an den Großmarkt ran. Die Uhrzeit mag mit so 11 Uhr vielleicht nicht ganz ideal gewesen zu sein, jedenfalls waren zwar alle Stände geöffnet, das Leben dort hielt sich aber sehr in Grenzen. Zunächst lief ich durch Stände/Läden, die sich offenbar auf Gastronomiebedarf konzentriert hatten. Von der Servierte bis zur Großküche gab es alles. Das Areal des Großmarkts war riesig, das Angebot der Waren erschien mir aber doch irgendwie eingeschränkt. So hatte ich eigentlich vor allem auch auf frisches Gemüse/Fisch/Fleisch gehofft, aber das gab es hier gar nicht. Lebensmittel gab es schon, aber nur in haltbaren Abpackungen wie z.B. Instantnudeln oder Getränke. Insofern hatten sich meine Hoffnungen nicht ganz erfüllt, aber interessant ware es trotzdem.

Großmarkt in Changsha Großmarkt in Changsha

Ich nahm dann wieder einen der Stadtbusse in Richtung Zentrum und blieb solange drin bis der Bus nicht mehr in die von mir gewünschte Richtung fuhr. Die Fahrstrecke kann man auf dem Nokia-Handy sehr gut verfolgen – auch ohne GPS. Ich lief dann zu Fuß weiter in Richtung einer Fußgängerzone, die von meinem Reiseführer erwähnt wurde. Besagte Fußgängerzone ist sehr modern herausgeputzt und u.a. voller Läden wie man sie auch in jeder deutschen Großstadt finden kann. Man darf sich aber von dieser Fassade nicht täuschen lassen. Geht man nur 50m in eine Seitenstraße, dann ist man mitten im Slum. Heruntergekommene Häuser und einfachste Läden und Garstände prägen das Bild. Obwohl das Essen hier eigentlich ganz okay aussah, habe ich mich dann doch nicht herangetraut. Das Standardessen waren verschiedene Zutaten (meist Gemüse und dazu entweder Nudeln oder Reis), die im Wok kurz scharf angebraten wurden. Eine weitere angesagte Richtung schienen verschiedene eingelegte Gemüse zu sein. Den wiederlichen Geruch des „Stinke-Tofus“, der in Hangzhou und Shanghei eine lokale Spezialität ist, habe ich hier zum Glück nur einmal wahrgenommen. Der Geruch ist wirklich nur von den öffentlichen Klos hier in Bahnhofsnähe zu übertreffen.

Garküche im Slum

Changsha wird durch einen großen Fluß geteilt, den ich wenigstens mal angucken wollte. Also wieder mit einem Stadtbus in die entsprechende Richtung gestartet und wieder hat es hervorragend geklappt. Der Fluß war allerdings langweilig. Es gab eine Promenade, die für sich ganz okay war, aber von der Promenade gab es nicht mehr zu gucken als die Angler am Flußufer und den einen oder anderen exotisch aussehenden Vogel.

Vom Laufen war ich langsam auch etwas müde und dachte, ich gucke mir einfach noch ein wenig Chinesen in der Fußgängerzone an. Aber auch das wurde schnell langweilig, so dass ich dann doch schon recht früh wieder zum Bahnhof zurück bin. In einem kleinen Park habe ich mich vom Tag erholt bis es dunkel wurde. Seitdem sitze ich im Innenbereich des Bahnhofs, der doch eine Ecke kleiner und weniger hektisch ist als der in Hangzhou. Dennoch war die Tickethalle wieder beeindruckend.

Tickethalle Changsha

Der ganze Tag war recht schwül, wobei die Sonne die Dunstschicht den ganzen Tag nicht wirklich auflösen konnte. Ich habe noch an keinem Tag in China mehr geschwitzt als heute. Allmählich (21:50 Uhr) wird es hier im nicht klimatisierten Bahnhofsgebäude allerdings erträglicher. Ein lustiges Bild hat sicher abgegeben als ich hier vorhin bestimmt so eine Stunde auf einer großen Treppe liegend geschlafen habe. Das machen die Chinesen aber genauso.

Mit meinen blonden Haaren bin ich hier in Changsha doch mehr aufgefallen und ich werde regelmäßig angesprochen, teilweise sogar auf Englisch. (Wer mir was verkaufen möchte, wird da natürlich nicht mitgezählt.) Bisher habe ich mich aber darauf beschränkt, freundlich zurückzugrüßen und ansonsten meiner Beschäftigung weiter nachzugehen. Das sollte ich mal überdenken, könnte ja ganz lustig sein, zu gucken, wie Chinesen reagieren, wenn man sich mehr auf sie einlässt. Mein Reiseführer prognostiziert für die meine Zugfahrt auf einem „Hard Seat“ ja gemeinsames Saufen und Kartenspielen mit den Chinesen. Naja, Kartenspielen vielleicht. Wobei ich vorhin im Park einer Gruppe von vier älteren Damen zugeschaut hatte, bei denen ich vermutet hätte, dass sie „Tichu“ spielen, ein weit verbreitetes Kartenspiel, dessen Regeln ich eigentlich meinte in etwa durchschaut zu haben. Das kam mit dem was die Damen dort spielten aber gar nicht hin. Außerdem scheint in Changsha noch ein weiteres Kartenspiel sehr üblich zu sein, das aber auch mit anderen Karten gespielt wird als Tichu. Gerade in den ausgedehnten Slums/Altstadt hier in Changsha sieht man aber am häufigsten Majong. Chinesisches Schach habe ich auch ein paar Mal gesehen, Go leider wie erwartet noch gar nicht.

Da Changsha nicht wirklich was tolles zu bieten hat, war das heute daher eher ein etwas dröger Transfertag mit viel Warterei. Verbunden mit dem fehlenden Schlaf war’s jetzt nicht so toll. Dafür bin ich guter Dinge, dass ich im Zug gut schlafen werde.

Das System der Bahnhöfe in China unterscheidet sich erheblich von denen in Deutschland. Das geht am Eingang los. Man kommt nur mit gültigen Fahrschein überhaupt in den Bahnhof rein und das Gepäck wird durchleuchtet. Im Innenbereich kann man nicht direkt zum jeweiligen Gleis gehen sondern nur in Warteräume. Dort sind endlose Stuhlreihen aufgebaut und man nimmt in der Reihe Platz, die für den eigenen Zug vorgesehen ist. Etwa 10-15 Minuten vor Abfahrt wird dann für diesen Zug eingelassen und man läuft durch Gänge bis zum jeweiligen Gleis. Da mein Zug in Changsha eingesetzt wurde, stand er da schon. Normal verteilt man sich dann auf dem Gleis und wartet noch auf den Zug. Im Zug war es reicht einfach, den richtigen Platz zu finden. Wagen und Abteil stehen lesbar auf dem Fahrschein, nur ob mein gebuchtes „Hard Sleeping“ unten, mittig oder oben ist, das musste ich noch einen Mitreisenden fragen. Mein Schlafplatz war unten, etwas teurer als mittig oder oben, aber dafür bequemer. Jeder dieser Liegewagen hat einen eigenen Waschraum und natürlich Toiletten (die ich zum Glück nicht ausprobieren musste). Kurz nach der Abfahrt kommen ein paar Verkaufsstände mit Obst und Getränken durch den Zug und kurz danach die Schaffner, die nicht etwa die Fahrscheine kontrollieren (das übernehmen die Bahnhöfe) sondern aufnehmen, wann welcher Fahrgast aussteigen möchte, um diesen auch rechtzeitig etwa 30 Minuten vorher zu wecken.

Wartehalle 4 Changsha Liegebett 002/8/unten

Im übrigen: China stinkt und ist laut.

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